IPUS-Techniker messen die Reduktion von Ammoniakemissionen aus Gülle durch Migulatoren in einer eigens entwickelten Labormethode. Dabei kommt Überraschendes über das Wirkungsprinzip zutage.
Die Reduktion von Ammoniakemissionen wird von der Landwirtschaft sehr ernst genommen, soll doch bis 2030 eine Einsparung von 12 % erreicht werden, wie es die NEC-Richtlinie vorsieht. Aus der Güllelagerung stammen etwa 13 % des emittierten Ammoniaks, den weitaus größten Anteil verantworten allerdings die Ausbringung und die Emissionen im Stall. In allen drei Bereichen, in denen zusammen knapp 90% der Emissionen erfolgen, ist es mit der Gülle ein und derselbe Stoff, aus dem das Ammoniak entweicht. Eine dauerhafte Verminderung der Ausgasungseigenschaften der Gülle könnte also in allen drei Situationen punkten. Ein Grund, sich den Vorgang der Ammoniakfreisetzung genauer anzusehen.
Dabei ist Gülle nicht gleich Gülle. Abgesehen von unterschiedlichen Gehalten an N, P, K und Kohlenstoff, die je nach Fütterung und Tierart variieren, ist die Gülle eine reaktive Substanz, in der ständig mikrobielle Umwandlungen erfolgen. So wird mit fortschreitender Lagerung Harnstoff in Ammonium gespalten, wodurch die Ammoniakemission steigen kann. Dagegen führt eine sich ausbildende Schwimmschicht zur Bremsung der Ausgasung. Mit dem Einsatz von Gülleadditiven wird schon seit langem versucht, die Gülle selbst so zu verändern, dass sich Ammoniak nicht verflüchtigt, sondern als Nährstoff in der Gülle erhalten bleibt. Messungen zur Wirksamkeit von Gülleadditiven werden meist in großen Behältern mit hundert oder mehr Liter Gülle durchgeführt, um die Lagerungsbedingungen nachzustellen. Mehrere Effekte wirken dann auf die Emission, wie die Schichtung der Gülle, die Behältergeometrie und die Windgeschwindigkeit. Man erfasst damit eine bestimmte Situation, wird aber der Vielfalt der Varianten in der Praxis nicht immer gerecht, und man erfährt nichts über das Verhalten bei der Ausbringung.
Eine neue Messmethode
Die Techniker von IPUS sind einen anderen Weg gegangen. Zum einen waren sie bestrebt, alle Einflüsse, die nicht direkt auf die Wirkung der Gülleadditive zurückgehen, in der Messung auszuschalten, zum anderen wollten sie die Versuchsanordnung so klein halten, dass eine Untersuchung im Labor möglich wird und dadurch viele Tests erfolgen können, auch ohne dass sich die Gülle währenddessen verändert.
Zunächst identifizierten sie die Tendenz zum Übertritt von Ammoniak aus der Flüssigkeit ins Gas als die wesentlichste Eigenschaft der Gülle, die das Emissionsverhalten nicht nur in der Lagerung, sondern auch bei der Ausbringung und im Stall bestimmt. Sie sollte daher gemessen werden, doch die Umsetzung gestaltete sich schwierig. „Die größte Herausforderung war, die Reproduzierbarkeit der Messungen sicherzustellen und somit belastbare Daten zu erhalten“ erklärt der Projektleiter Dr. Somitsch. „Das war nicht einfach, wir haben insgesamt fünf unterschiedliche Methoden geprüft, erst die letzte hat verlässliche Ergebnisse gebracht“. In dieser Versuchsanordnung wird ein Luftstrom durch etwa einem Liter der behandelten Gülle geleitet, wobei die Luft beim Kontakt mit der Flüssigkeit Ammoniak aufnimmt, je nach dem Emissionsverhalten der Gülle. Nachfolgend wird das Ammoniak in einem Wäscher akkumuliert und chemisch gemessen. Der Luftstrom muss während des Vorganges absolut konstant gehalten werden. Durch die Akkumulation können auch geringe Emissionen quantifiziert und dadurch die Messzeiten kurz gehalten werden. Eine zusätzliche Variante ohne Additiv erlaubt dann im Vergleich die Wirkungsbeurteilung des eingesetzten Additivs.
„Indem wir den Einfluss von Schwimmschichten auf die Messung eliminiert haben, konnten wir die direkte Wirkung von Additiven auf die Gülle sehen. Schwimmschichten sind letztlich eine Form der Abdeckung von Lagerbehältern, ihre Effekte sind bekannt und in vielen Studien untersucht. Das mussten wir nicht wiederholen“.
Emissionsverringerung durch Migulatoren
Mit der etablierten Methode wurde der Einfluss der IPUS-Futtermittelmigulatoren auf das Emissionsverhalten der Gülle untersucht, von denen bekannt ist, dass sie nicht nur in der Fütterung die Futterverwertung und Darmgesundheit verbessern, sondern auch danach in der Gülle deren Ammoniakausgasung vermindern. Die Quantifizierung war bisher allerdings schwierig. Futtermittelmigulatoren wie das IPUSagro® F sind mineralische Zusatzstoffe mit hohem Bindevermögen für Schadstoffe, die vom Körper der Tiere nicht aufgenommen werden, sondern mit dem Kot in die Gülle gelangen.
Für die Untersuchung wurde IPUSagro® F in der Konzentration, wie sie bei einer Fütterung zu erwarten ist, in die schwimmschichtfreie Gülle einer steirischen Schweinemast eingemischt. Danach wurde die präparierte Gülle bei 15°C gelagert und lediglich einmal pro Woche für 5 Sekunden aufgerührt. Als Kontrolle wurde die gleiche Gülle ohne Zusatz herangezogen, die aber ansonsten völlig gleich behandelt wurde. Bereits nach 12 Tagen Lagerung zeigte sich eine Verminderung der Gülleemission um 14 % gegenüber der Kontrolle, die sich nach 2 Monaten auf über 33% verstärkte, obwohl der mineralische Stickstoff in der Gülle durch die permanente Zersetzung des Harnstoffs stetig stieg. Jede Messung wurde dreimal wiederholt, der Messfehler war extrem niedrig, sodass eine genaue und verlässliche Messung möglich war (siehe Grafik). Eine weitere Messserie mit höherer Zugabemenge an IPUSagro® F bestätigte die Ergebnisse, wobei sich nach wenigen Tagen bereits eine Reduktion der Ammoniakemission um ein gutes Drittel einstellte.
„Das Verblüffende war, dass wir im Vergleich aller Messparameter sehen konnten, dass offenbar zwei Mechanismen der Migulatoren am Werk sind: Einerseits sahen wir die relativ rasche Bindung von Ammoniak in der Gülle, die auf die chemische Adsorptionsfähigkeit von IPUSagro® F zurückgeht. Auf der anderen Seite beobachteten wir nach einigen Wochen eine Abnahme des pH-Wertes, der den ersten Effekt noch deutlich verstärkte. Eine Senkung des pH-Wertes bedeutet automatisch eine Reduktion der Ammoniakemission“, so Dr. Somitsch. Wodurch aber wurde der niedrige pH-Wert bewirkt? „Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Migulatoren bieten neben der Adsorptionsleistung eine hervorragende Aufwuchsfläche für Mikroorganismen, die sich auf ihrer Oberfläche rasch vermehren und eine Reifung der Gülle durch den Abbau der Güllestoffe in Säuren bewirken. So wird der pH-Wert gesenkt und die Emission weiter reduziert“ erläutert der Projektleiter. Wenn der Futtermittelzusatzstoff bereits in der Fütterung verabreicht wurde, befinden sich die Bakterien bereits auf dem Migulator, sodass der Effekt bereits früher eintritt.
Die Aufklärung der zweifachen Wirkung von Migulatoren auf die Ammoniakemission von Gülle zeigt jedenfalls deutlich, wie wichtig eine verlässliche Methode für die Untersuchung so komplexer Systeme wie Gülle ist.
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